Donnerstag, Juli 4, 2024

Was lachst du?

Hahaha. Und Hohoho. Oder auch Hihihi! Lachen? Warum? Eigentlich ist Humor viel zu saftig für trockene Theorien. Doch es gibt da eine Comedy Bibel, die so einiges ganz plausibel erklären kann und uns Comedy mit einem anderen Auge betrachten lässt. Prädikat: Lesenswert.

Die meisten Menschen lachen gerne. Doch die wenigsten wissen, warum sie eigentlich lachen. Dabei ist das ein sehr interessantes Thema. Warum finde ich einen Witz witzig? Warum finde ich eine Comedy-Serie superlustig, mein Kumpel aber überhaupt nicht? Warum lache ich heute über einen Gag, über den ich am nächsten Tag gar nicht lachen kann? Sicherlich, die klassische Humorforschung versucht, solche Fragen zu beantworten, jedoch ist diese Forschung eine recht dröge Angelegenheit, die vor allem von Leuten betrieben wird, die zum Lachen in den sprichwörtlichen Keller gehen. Und außer veralteten und längst falsifizierten Theorien (z.B. Überlegenheitstheorie) hat sie bisher wenig Erhellendes zustande gebracht.

Wer aber wirklich mal wissen möchte, wann, wie und warum etwas lustig sein kann, dem sei das Buch „What Are You Laughing At? – A Comprehensive Guide to the Comedic Event“ von Dan O´Shannon (Continuum, 2012) wärmstens ans Herz gelegt.*

Besagter O´Shannon ist nämlich kein Wissenschaftler, sondern einer vom Fach. Ein US-amerikanischer Comedy-Autor, der für Genre-Meilensteine wie „Cheers“, „Frasier“ und „Modern Family“ geschrieben hat und dafür etliche Emmys einsacken konnte.

Schon in seiner Jugend fragte sich der selbsternannte „Comedy Detective“, warum die Leute über etwas lachen oder auch nicht. Also dröselte er seine jahrelangen Beobachtungen und Erfahrungen aus dem komischen Metier auf, setzte sich hin (allerdings nicht ohne Hilfe von ein paar Wissenschaftlern) und schrieb etwas, das man ohne Übertreibung als den heiligen Gag-Gral der Humorforschung sehen kann.

In O´Shannons Werk erfährt der interessierte Leser endlich, aus welchen Elementen ein Witz aufgebaut sein muss, damit eine Comedy überhaupt stattfinden kann. Ultrakurz zusammen gefasst, braucht es natürlich zuerst eine „Quelle“ und einen „Empfänger“, genau wie bei der klassischen Kommunikation („Sender“ und „Rezipient“). In der Comedy-Kommunikation müssen nun beide Grundbestandteile eines Gags enthalten sein. Diese sind „Setup“ („Kommt ein Pferd in ne Bar. Sagt der Barkeeper…“) und „Punchline“ („Was machen se denn so ein langes Gesicht?“). In diesen zwei Elementen muss außerdem eine gewisse „Inkongruenz“ enthalten sein (Was´n das? Google ist dein Freund!) und schließlich muss der Empfänger noch eine gewisse „kognitive Leistung“ erbringen, um Setup und Punchline zusammen zu fügen, denn ein Gag ist im Grunde nichts anderes, als ein lustiges Rätsel. Diese sechs Elemente bilden schließlich ein Dreieck, welches die Comedy komplett macht. Oder eben auch nicht. Denn in „What Are You Laughing At?“ erfährt man vor allem, woran es liegt, dass ein Gag nicht funktioniert. Denn dafür gibt es viele Gründe: Gibt es zu wenig Setup- oder Punchline-Information? Oder etwa zu viel? Fehlt die Inkongruenz? Ist der Empfänger zu blöd, die kognitive Leistung zu erbringen, um das Rätsel zu lösen? Ist der Gag zu kompliziert für die meisten Empfänger? Solche vermeidbaren Fehltritte die zu Rohrkrepierern führen werden endlich transparent dargestellt und dies macht das Buch auch für (angehende) Comedians oder Comedy-Autoren essentiell.

Allerdings ist die korrekte Ansammlung der Gag-Grundbausteine keine Garantie für einen Lacher, denn sie bedeutet lediglich, dass eine Comedy stattfinden kann. Warum ein Witz aber trotzdem nicht funktioniert, liegt dann nämlich am Empfänger, denn jeder Empfänger hat andere „Filter“ und „Verstärker“. Doch von all dem, will ich euch ein andermal erzählen.

 

Thilo Henrik Schrödel

 

*Bisher leider nur auf Englisch erhältlich

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