Donnerstag, Juli 4, 2024
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Vermesse deinen Humor in 5 Schritten

Wir leben in Zeiten, in denen uns Algorithmen das präsentieren, was uns gefallen soll. Goldene Zeiten! Bald werden wir auch bei der Partnerwahl nicht mehr auf unser Urteilsvermögen angewiesen sein. Für die Zwischenzeit sei im Weiteren eine zuverlässige Methode beschrieben, um herauszufinden, ob man den richtigen Partner gefunden hat – und zwar anhand von 5 hochkarätigen Filmen.

Humor ist etwas Wundervolles. 900 von 901 Tinderprofilen setzen ihn bei potenziellen Partnern voraus und 10 von 10 Frauen lachen dann doch nicht, wenn ich ein einarmiges Kind bitte, zu klatschen. Um bei der Wahl eines romantischen, oder platonischen Freundes Gewissheit über die Beschaffenheit der gemeinsamen, humoristischen Basis zu bekommen, muss selbige auf die Probe gestellt werden. Wo sind die Schnittmengen? Wird man einander peinlich sein, wenn man Witze an der Schmerzgrenze abfeuert? Ist die Auswahl aus dem Streamingangebot ein Dauerproblem, das dauerhaft enttäuscht?

Im Weiteren sind 5 Filme genannt, die dir bei der Vermessung deines Gegenübers behilflich sein sollen. Schau der Person deiner Wahl in die Augen und sag ihr: „Bevor ich ungeschützten Verkehr mit dir auch nur IN BETRACHT ziehe, setzen wir uns hin und finden raus, was mit dir eigentlich los ist.“

Nachdem ihr die Filme gemeinsam angesehen habt, solltet ihr wissen, wo ihr steht. Entweder ist dann klar, dass ihr im Großen und Ganzen ähnliche Vorstellungen davon habt, was lustig ist und was nicht, oder ihr seid voneinander enttäuscht und begebt euch aufs Neue auf die Suche nach jemandem, mit dem ihr zusammen lachen könnt.

Falls ihr jetzt sagt: „Humor ist doch nicht alles. Was für ein übertriebener Text!“, sage ich euch: „Ihr seid dumm! Eure Blutlinie ist schwach! Hört auf, diesen Artikel zu lesen! Ich hasse euch!“

Schön, dass du wenigstens weiterliest! Jeder Filmempfehlung folgt ein kleines Quiz. Die Fragen MÜSSEN ohne Absprache miteinander beantwortet werden. Von der Übereinstimmung der Antworten können unzweifelhafte Rückschlüsse auf die Kompatibilität der Befragten gezogen werden.

1. In China essen sie Hunde

Dieser dänische Film aus dem Jahr 1999 bietet dem geneigten Zuschauer das Essenzielle: kettenrauchende Köche, Trivia über Schweineorgasmen, Plastiksprengstoff und Vuk. Die Protagonisten bewegen sich auf einer steilen Abwärtsspirale, auf der jeder Schritt ein Kapitalverbrechen ist und blinder Aktionismus den Platz des gesunden Menschenverstandes eingenommen hat. Die Geschichte spielt in einer wortkargen, zynischen Welt. Doch wenn man – nach einigen Minuten – in dieser Welt angekommen ist, lernt man etwas über sich selbst: Ich muss mich nicht wohlfühlen, um lachen zu können.

Die Art, wie Harald mit Vuk umgeht, lässt einem die Haare zu Berge stehen. Doch während man ängstlich dabei zusieht, wie Harald die Grenzen des Erträglichen mit immer ausholenderen Schritten hinter sich lässt, kann man doch nicht anders, als nervös zu kichern, während Vuk den Bach hinuntergeht. Völlig überraschend trifft einen die helle Freude, die man an manchen Stellen empfindet. Sie wird ausgelöst durch Passagen, die sich durch Dialoge mit naiver Einfachheit auszeichnen. Wenn die Protagonisten fast liebevoll miteinander umgehen und einander mit Engelsgeduld Sachverhalte erklären, während sie gerade in Hochstresssituationen versagen. Es bedarf an diesen Stellen nur weniger Worte, um eine Dynamik und Skurrilität zu erzeugen, die im Zuschauer als kindliches Kichern widerhallt. Der Film ist Chaos und Irrsinn. Musik und Kamera schmeicheln den Sinnen nicht. Es ist ein Trip in die dunklen Hinterzimmer der Komik. Eine Art von Trip, wie man ihn nur in Dänemark erzeugen kann. Der Teil von dir, der während des Filmes am meisten Spaß hat, bleibt üblicherweise tief im Unterbewusstsein verräumt. In einem kleinen Käfig.

Quiz zu Schritt 1: I. Ist Harald dem Vuk ein guter Arbeitgeber?
a. Er ist großartig!
b. Er ist ok.

II. Wenn wir Kinder bekämen, wäre jemand wie Harald ein guter Taufpate?
a. Ja
b. Ich hasse Kinder und will niemals welche haben.

Soweit so gut. In Schritt 1 haben wir also gelernt, dass lachen und sich wohlfühlen einander nicht notwendigerweise bedingen. Wollen wir noch einen Schritt lang durch den Schatten wandern?

Streamingangebot zu finden bei Amazon

2. Adams Äpfel

Ein weiteres Mal führt unser Weg durch Dänemark. Der 2005 erschienene Film, welcher mit Mads Mikkelsen hochkarätig besetzt ist, bietet dem dunklen Teil des Geistes einen Rollstuhl voller Komik. Dem introvertierten Adam wird hier vom Schicksal ein wortgewaltiger Gegenpart in den Weg gestellt. Der Pfarrer Ivan reitet im schärfsten Tempo durch hochemotionale Monologe. Der Film riskiert sehr viel. Ein großer Teil der Pointen zündet verzögert. Nämlich dann, wenn die Handlung dem Zuschauer ermöglicht, die Lebensrealität der Protagonisten mit dem abzugleichen, was Ivan zuvor in einem seiner Monologe geäußert hat. Jedem, der den Film zum ersten Mal sieht, sei empfohlen, Ivans Darstellungen mit großer Skepsis zu begegnen.

Die Pointen werden graduell krasser und dunkler, je weiter die Geschichte fortschreitet. Man wird sukzessive weiter weg geführt von dem, worüber man glaubt, Freude empfinden zu dürfen. Man begegnet Neonazis, alkoholkranken Schwangeren, dem unversöhnlichen Hass, den Khalid dem völlig gescheiterten Gunnar entgegenbringt und der schrecklichen Kindheit des Ivan. Irgendwann steht jeder Zuschauer an dem Punkt, an dem er feststellt, dass aus Komik Tragik wurde. Wann das der Fall ist, hängt von der seelischen Verfasstheit des Zuschauers ab, aber der Drehbuchschreiber hat sichergestellt, dass kurz vor Ende des Filmes keiner mehr lacht. In dieser Hinsicht ist der Film sehr böse. Eine Falle, die sich langsam schließt. Man kratzt sich am Kopf und fragt sich, ob es -rückblickend- korrekt war, dass man sich so amüsiert hat. Ob man vielleicht ein schlechter Mensch ist, mit verqueren Vorstellungen von Moral. Man folgte der Geschichte lachend, bis man merkte, dass man nicht mehr lachen mag. Bis man sich umdrehen muss, um nachvollziehen zu können, wo der Übergang von Licht zu Dunkelheit sich genau befand. Vielleicht sieht man sich dieses fiese Kunstwerk auch noch ein weiteres Mal an und achtet dabei genau auf seine Schritte. Man kann auf diese Art sogar noch etwas über sich selbst lernen, wie ich meine. Man hatte jedoch Nachsicht mit den Zuschauern. Der Film entlässt einen mit einem Happy End aus seiner harten Umarmung. Soviel kann gesagt werden, ohne dem Genuss Abbruch zu tun.

Quiz zu Schritt 2: III. Zu welchem Lied tanzen wir auf unserer Hochzeit?
a. „How deep is your love“ von „Take That“
b. Fick dir, Gunnar!

IV. Was hast du empfunden, als Poul gestorben ist?
a. Es war sehr traurig.
b. Hahahahahaha

Drehen wir langsam das Licht an. Wollen wir doch mal sehen, ob ein wenig mehr Leichtigkeit uns Spaß bringt.

Film gibt’s für 2,99 bei GOOGLE zu streamen.

3. Hot Fuzz

Eine britische Produktion aus der sogenannten „Blood-and-ice-cream-trilogy“ soll hier exemplarisch für entspannte Wohlfühlunterhaltung genannt werden. Der 2007 erschienene Film ist eine humoristische Verneigung vor den allgegenwärtigen Actionfilmen, in den Polizisten außerhalb des gesetzlich zulässigen Rahmens operieren, um das Böse zu besiegen. Den Machern ist hier sichtlich daran gelegen, das zitierte Genre zwar humoristisch aufzulockern, jedoch trotzdem einen kohärenten Handlungsstrang abzubilden. Man kann den Film entspannt zurückgelehnt genießen, da jeder einzelnen Figur von Anfang bis Ende des Filmes jegliche Ernsthaftigkeit genommen wird. Die Bösewichte sind Trottel, die Nebenfiguren sind Stümper und die Polizisten sind beides.

Hin und wieder stellt man bei der überzeichneten Darstellung des „Helden“ Nicholas Angel beschämt fest, dass man in der Vergangenheit einer ähnlich pathetischen Charakterentwicklung gebannt folgte, weil man dem Actionfilm-vibe aufgesessen ist. Die Perspektive des Rezipienten macht den Unterschied zwischen „ok“ und „okeeeeeeeey“ aus. Der Film eröffnet eine Ahnung davon, wie die Welt durch die Augen eines Clowns aussehen könnte. Wo die Leichen von menschlichen Statuen nicht aus der Rolle fallen, man großkalibrige Waffen aus dem Daunenmantel zaubert und dabei trotzdem harmlos wirkt und der „Bluthund“ aus „Game of Thrones“ eine Sprechrolle hat, die auf das Wort „Jarp“ beschränkt ist. Dieser Film zeigt, was ironische Distanz mit der Wahrnehmung des Zuschauers machen kann. Genau das Richtige für einen Sonntagvormittag im Bett, wenn der Puls unten und die Mundwinkel oben bleiben sollen.

Quiz zu Schritt 3: V. Was ist besser?
a. Saftschorrle
b. Bier

Den Film gibt’s für schlanke 2,99 bei Amazon zum streamen.

Wir werden für den nächsten Schritt noch seichter.

4. Superbad

Auch Schöngeister werfen mitunter einen Blick darauf, was im Mainstream so herumschwimmt. Dieser 2007 erschienene Film stammt aus der Feder von Seth Rogen, der in den letzten Jahren verlässlich Zuschauer in die Kinos gelockt hat. Diese coming-of-age Geschichte wurzelt zwar stark in der amerikanischen Kultur, man kann das Mindset der Protagonisten jedoch auch aus europäischer Sicht nachvollziehen. Die Stärke des Filmes liegt im ersten Viertel, wenn die Highschool-Schüler sich in großartig geschriebenen Dialogen damit auseinandersetzen, wo sie im Leben eigentlich stehen.

Michael Cera und Jonah Hill servieren die überraschenden und skurrilen Redebeiträge ihrer Rollen trocken und präzise. Im weiteren Verlauf des Filmes bekommt man noch eine Reihe von flacheren Witzen serviert. Hin und wieder befindet man sich in den Niederungen des Pipi-Kacka-Humors, die beim breiten Publikum wohl zuverlässig Resonanz erzeugen. Dieser Film ist am Ende weder gut noch schlecht. Hin und wieder schaut man sich so einen Film an und es ist in Ordnung. Wie ein Menü von McDonalds: einmal im Halbjahr ok, öfter lieber nicht.

Quiz zu Schritt 4: VI. Wie lautet deine Meinung zum Thema „Penismalerei“?
a. Die Ästhetik spricht mich an und ich habe den Abspann des Filmes sehr genossen.
b. Ich bin froh, dass hier etwas gegen die Stigmatisierung von Penismalern unternommen wird. 8% der Bevölkerung sind davon betroffen!

VII. Falls unser Taufpate Harald einverstanden wäre, würden die folgenden Namen für unser Kind deine Zustimmung finden?
a. McLovin (Junge)
b. McLovin (Mädchen)

Dieser Film läuft sogar bei Netflix!

Die 4 bislang genannten Filme waren nach Verdaulichkeit geordnet. Der letzte Film führt diese Entwicklung nicht zwingend fort. Zum einen, weil es wahrscheinlich nur schwer möglich, noch leichter verdaulich zu sein, als „Superbad“ und zum anderen, weil am Ende der Film stehen soll, den der Autor dieser Zeilen am meisten schätzt.

5. Der Diktator

Dieser 2012 erschienene Film von und mit Sasha Baron Cohen versetzt den Zuschauer in die Perspektive eines realitätsfremden und doch sympathischen Tyrannen. Während Cohen in anderen Werken damit spielt, nichts ahnende Menschen in eine seltsame Parallelwelt zu entführen und ihnen mit sadistischer Ausdauer dabei zuzusehen, wie sie im Angesicht seiner Alter Egos immer hilfloser werden, kann er in diesem Film alle Protagonisten sagen und tun lassen, was er für lustig hält.


copyright: Paramount Pictures

Das Resultat ist eine Aneinanderreihung von perfekt geschriebenen und eng getakteten Gags, die in Frequenz und Qualität über die gesamte Länge des Werkes konstant hoch sind. Auffällig ist die Detailverliebtheit, mit der hier ein Universum geschaffen wird, in dem Folterinstrumente ein cooles Gadget, Abtreibung von weiblichen Föten alternativlos und Vergewaltigungsschuhe ein Standardaccessoire sind. So wurden große Musikstücke der amerikanischen Popkultur in pseudoarabischem Kauderwelsch nachgesungen, um den herzergreifenden Liebesszenen den optimalen, akustischen Rahmen zu bieten. Am Ende des Filmes gelingt den Machern das schwerste, was Comedy zu leisten imstande ist: brettharte Gesellschaftskritik (an der US-amerikanischen Gesellschaft), die nicht moralinsauer ist, sondern eine letzte Kaskade nervösen Gekichers aus dem Zuschauer kitzelt. Man taucht am Ende dieses bartlosen Amoklaufs wieder auf aus einer Welt, in der jeder Gag weh tat und man sich rückblickend fragt, über welche Anzahl von Abtreibungswitzen man eigentlich lachen darf, bevor man ein schlechter Mensch ist. Dann googelt man noch den Namen „Sasha Baron Cohen“ und fragt sich wehmütig, wie es sich wohl anfühlt, so wenig an gesellschaftliche Konventionen gebunden zu sein. Um es zusammenzufassen: Dieser Film ist total Aladeen.

Quiz zu Schritt 5: VIII. Wer wurde im Supermarkt zuvorkommender behandelt?
a. Quinoasalatbestellende Hipster
b. Dicke Kinder

IX. Die Szene, welche die Entbindung eines Neugeborenen durch den obersten Chirurgen des Königreichs Wadiya zeigt, war:
a. Eine geschmackvolle Szene voll feinsinnigen Humors.
b. Nein!….einfach nur: Nein!

Auch dieser Streifen läuft bei Netflix!

Auswertung der Quizfragen:

0-3 Übereinstimmungen: Ihr seid nicht füreinander bestimmt. Eure Beziehung wird durch Fremdscham und dem Satz „Man muss ihn/sie nur besser kennenlernen, dann geht’s eigentlich.“ geprägt sein. Das muss ich aber eigentlich nicht mehr hierherschreiben, denn ihr habt gerade mehrere Stunden lang nebeneinander gesessen und habt den Kopf darüber geschüttelt, dass (er/sie an SO EINER Stelle WIRKLICH lachen kann)/(er/sie an SO EINER Stelle NICHT lachen kann). Blickt euch ein letztes Mal kopfschüttelnd in die Augen und gebt auf. Alleine lachen ist eh am schönsten.

4-7 Übereinstimmungen: Es ist ok. Ihr könnt es miteinander aushalten. Wenn ihr es vernünftig anstellt, stehen euch ein paar glückliche Jahre ins Haus, in denen ihr gemeinsam lacht, wenn: a. das doofe Nachbarskind vor euch auf die Nase fällt, b. ihr es geschafft habt, das Wort „Penis“ 4 Mal zu sagen, während ihr mit dem Pizzaservice telefoniert habt und c. wieder mal einer eurer ultrareligiösen Verwandten eine Krebsdiagnose bekommen hat.

8-9 Übereinstimmungen: Heiratet! Pflanzt euch fort! Legt einen flotten Tanz auf dem Vulkan hin, bis ihr sterbt. Wir werden alle sterben. Nichts hat einen Sinn.

Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich wurde für die Nennung von 5 Filmen bezahlt, ich habe 5 Filme genannt. Machts gut. Albus out

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