Manche behaupten, Marihuana fördere die Kreativität. Mythos oder Wahrheit? Ein Team deutscher und englischer Forscher hat vor Kurzem eine Studie zu dieser These veröffentlicht. Das Ergebnis war eindeutig, aber nicht zufriedenstellend. Wir untersuchen dieses Thema etwas globaler und werfen einen Blick auf die Praxis.
Fakt ist, Marihuana hat in der Unterhaltungsbranche schon immer eine Rolle gespielt. Ob Musik, Malerei, Werbung oder auch Comedy. Viele sagen diesem Kraut eine aktivierende, beruhigende oder auch inspirierende Wirkung nach. Und gerade das soll angeblich die Kreativität beflügeln. Soweit die subjektiven Erfahrungen vieler Kiffer, die sich bekanntlich auch gerne selbst überschätzen. Vom “Wow, mega! Die geile Idee! Muss ich aufschreiben”, bis zum “Oh mein Gott, was für ein Mist” zehn Stunden später.
Nun belegt eine jüngst veröffentlichte Studie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Essex-Universität in Großbritannien sowie der Universität Potsdam Folgendes: Nein, die Einnahme von Drogen hat keinen positiven Einfluss auf die menschliche Kreativität. Drogen. Der Konsum von Substanzen wie Alkohol oder dem konzentrationsfördernden Arzneimittel Adderall zeigt keinerlei positiven Einfluss auf kreative Leistungen.
Wie sind die Experten zu diesem Ergebnis gekommen?
Im Rahmen ihrer Metastudie verglichen die Forschenden insgesamt 84 internationale Studien, die sich mit der Förderung von Kreativität beschäftigen. In sämtlichen Studien (ich habe im Rahmen dieser Recherche nicht alle 84 Studien angeschaut), geht es darum, dass Möglichkeiten untersucht wurden, die die Kreativität fördern. Meditation, kulturelle Exposition durch Auslandsaufenthalte und freie Assoziationstechniken waren laut dieser Studie der Kreativbooster Nummer 1. Drogen waren es jedenfalls nicht. Der Begriff “Drogen” ist dabei natürlich so spezifisch wie “Tiere”, wenn man von “Ameisen” redet. Dass ein Heroin-Junkie, eine Crack-Leiche oder ein Alkoholzombie nicht gerade die hellsten Kerzen sind, und dass Koks-Nasen ohnehin zur Selbstüberzeugung neigen, wissen wir. Die Liste an Drogen ist lang.
Schauen wir uns Cannabis genauer an.
Ich habe dazu eine lustige Studie gefunden, die sich im Speziellen mit der Korrelation von Kreativität und Kräuterdampf auseinandersetzt. Die lief so: 300 Cannabiskonsumierende wurden auf zwei Gruppen aufgeteilt, die jeweils zwei Aufgaben erledigen mussten: Eine Gruppe sollte vorher kiffen, die andere seit mindestens zwölf Stunden nüchtern sein.
Die erste Aufgabe, in vier Minuten möglichst viele originelle Ideen, was man mit einem Ziegelstein alles anstellen könnte. Zweite Aufgabe: Eine lokale Musikband benötigt Ideen, wie sie ihre Einnahmen steigern könne. Die Teilnehmenden sollten in 5 Minuten so viele Ideen nennen, wie ihnen einfallen.
Außenstehende sowie zwei speziell ausgebildete und unabhängige Personen aus dem Forschungsteam sollten später die Originalität aller Ideen bewerten.
Und siehe da – weder die Forschenden noch die Personen aus der normalen Bevölkerung haben die im Rausch entstandenen Ideen als kreativer eingeschätzt. Verwunderlich?
Nein. Dass ein überwiegender Teil der Kiffer im Kopf bequem wird und Dinge ungern auf den Prüfstand stellt, ist kein Klischee. Die Rosarote Brille setzt man gerne auf. Besonders tragisch: Starkes Kiffen kann sogar das Gegenteil bewirken und die Kreativität dauerhaft dämpfen. Eine Studie aus dem Jahr 2017 hat dagegen Hinweise gefunden, dass es auf die Persönlichkeit ankommt. Menschen, die unter dem Einfluss von Cannabis kreativer werden, sind vermutlich ohnehin kreativer. Mit anderen Worten, pauschal belegen lässt sich weder das Eine noch das Andere. Kreativität schwimmt nicht im Reagenzglas.
Was heißt das für Comedians, von denen ein hohes Pensum an Kreativität abverlangt wird?
Neue Settings kombinieren, Pointen schleifen, Prämissen basteln oder Punchlines pumpen. Mal kurz Hand hoch, wer von euch hat bereits gekifft? Aha. Doch so viele. Ja, scheinbar gibt es auch Menschen, deren Kreativität beflügelt wird. In welchem Bereich auch immer: Comedy, Kunst, Musik oder Dinge aus Ziegelsteinen bauen.
“Kreativität ist keine Fähigkeit, die es zu erlernen und dann anzuwenden gilt. Kreativität ergibt sich viel mehr aus den Einstellungen, Emotionen und Erwartungen, die eine Person in dem Moment hat, in der sie vor einer kreativen Herausforderung steht.”,
erklärt Erstautorin und Kreativitätsexpertin Jennifer Haase.
Ich behaupte, gute Setups und Prämissen werden selten in ausgeklügelten Kreativ-Workshops erarbeitet. Sie entstehen, während man mit offenem Verstand durch das Leben läuft. Diese dann in Stories zu verarbeiten, können kreative Menschen einfach. Auch ohne Rausch! Und manchmal halt auch mit Rausch.
Zum Abschluss noch die Worte vom Kiffer Guru Hans Söllner, der in einer seiner vielen Predigten einst sagte:
“Marihuana verstärkt ein Gefühl. Deswegen dürft ihr nur kiffen, wenn ihr wirklich gut drauf seid!”
Als Schmankerl hier noch sechs geile Comedy Bits mit Marihuana Bezug:
Und Dave Chapelle über seine Entscheidung, nur noch mit Weißen zu kiffen:
Quellen:
https://www.hu-berlin.de/de/pr/nachrichten/maerz-2023/nr-23328-1
https://psycnet.apa.org/doiLanding?doi=10.1037%2Fapl0000599